Der türkische Journalist Ahmet Altan wurde mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. Geehrt wurde damit sein Buch "Ich werde die Welt nicht wiedersehen. Texte aus dem Gefängnis", welches Altan in Haft geschrieben hat. Aus einem Journalisten wird ein Schriftsteller.
Als ihm am Montagabend der Geschwister-Scholl-Preis verliehen wurde, konnte ihn Ahmet Altan nicht entgegennehmen. Der Journalist sitzt seit 12. November erneut in der türkischen Strafvollzugsanstalt Silivri. Aus der Gefangenschaft heraus rief Altan immer wieder zum Kampf für die Wahrheit auf, unter anderem in seinem nun ausgezeichneten Werk. In der Begründung der Jury heißt es, Altans Schicksal sei beispielhaft für die Situation vieler unabhängiger Journalistinnen und Journalisten in zunehmend autoritären oder auch diktatorischen Gesellschaften. Entgegengenommen hatte den Preis Altans Übersetzerin Ute Birgi-Knellessen.
Schreiben um zu atmen
Wenn Ahmet Altan von sich als Schriftsteller und Intellektueller spricht, dann spricht er von einer "göttlichen Arroganz" und von der Sicherheit, der "stählernen Wehr" seiner Bücher, hinter denen er unverletzlich ist. Selbst in Gefangenschaft können diese Bücher, kann das Schreiben Altans und somit der "göttlich arrogante" Schriftsteller, der er ist, nicht gebrochen werden. Schreiben, wie man atmet, heißt es so schön. Bei Altan kann gesagt werden: Schreiben, um weiterhin atmen zu können: „Die aktuelle Politik wird vorübergehen. Selbst die Türkei wird vielleicht irgendwann vergehen. Aber die Literatur, die wird bleiben.“ Damit ist ihm die Zukunft sicher.
Verhaftet wurde Altan aufgrund seiner journalistischen Arbeit als Chefredakteur bei der inzwischen verbotenen Zeitung "Taraf", die er 2007 selbst gründete und herausgab. Ziel war es, mittels der Zeitung die größten Tabus der Türkei zu thematisieren: beispielsweise den Völkermord an den Armeniern und die Diskriminierung der Kurden. Nach dem Putschversuch vom 15. Juli 2016 wurde die Zeitung verboten. Kurze Zeit später wurde Ahmet Altan und sein Bruder Mehmet Altan festgenommen. Man warf ihnen Zusammenarbeit mit dem im US-Exil lebenden, islamischen Prediger Fethullah Gülen vor, den die Regierung für den Putschversuch mitverantwortlich machte. Das Urteil: Zehn Jahre und sechs Monate.
Vom Journalismus zur Literatur
Im Gefängnis, doch nicht eingesperrt. So beschreibt Altan die Kraft des Schreibens: "Ich erhebe mich in die Luft wie Rauch und verlasse das Gefängnis an der Seite der Menschen, die in meinen Gedanken leben. Sie – die anderen – mögen die Macht haben, mich ins Gefängnis zu sperren; im Gefängnis halten können sie mich nicht." Aus dem Journalisten, der aufgrund seiner journalistischen Arbeit eingesperrt wurde, wird nun ein Schriftsteller, der aufgrund seiner schriftstellerischen Arbeit immer frei sein wird.
Topnews
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Michel Houellebecq und die "Aufstachelung zum Hass"
Takis Würger über schlechte Kritiken zu seinem Skandal-Buch "Stella"
"Agentterrorist": Zeilen aus der politischen Gefangenschaft
"Utopien für Realisten". Rutger Bregman bei ttt - titel thesen temperamente
Die Freiheit eines Gefangenen
Klaus Theweleit mit Theodor-W.-Adorno-Preis ausgezeichnet
MDR-Kultur: Jutta Hofmann liest Brigitte Reimann
Wie ein schottischer Autor Kindern die Angst vor dem Tod nimmt
Britischer Schriftsteller John le Carré im Alter von 89 Jahren gestorben
"Das hat mein ganzes Leben verändert." - Douglas Stuart erhält Booker Prize
Von Null auf Eins: Joachim Meyerhoff und Jan Böhmermann erobern Bestsellerliste
Carolin Callies erhält Gerlinger Lyrikpreis 2020
Preis des Deutschen Literaturfonds erstmals verliehen: Preisträgerin ist Felicitas Hoppe
Autor Günter Wallraff über Tönnies: Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz
Der Klimawandel erhält Einzug in die Spiegel-Bestsellerliste
Elke Erb erhält Georg-Büchner-Preis
Aktuelles
„Tschick“ von Wolfgang Herrndorf – Warum dieser Jugendroman längst ein moderner Klassiker ist
„Die Hüter der Sieben Artefakte“ von Christian Dölder – Wie ein Fantasyepos die klassischen Regeln neu schreibt
„Blood of Hercules“ von Jasmine Mas – Dark Romantasy trifft Mythos und Macht
„Nebel und Feuer“ von Katja Riemann – Wie vier Frauen inmitten der Krisen unserer Zeit Gemeinschaft, Mut und Sinn finden
Der Pinguin meines Lebens – von Tom Michell - Buch & Filmstart 2025: Rezension einer besonderen Freundschaft
„Mama, bitte lern Deutsch“ von Tahsim Durgun – TikTok trifft Literatur
"The Loop – Das Ende der Menschlichkeit“ von Ben Oliver: Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz den Wert des Lebens bestimmt?
„Déjà-vu“ von Martin Walker – Brunos siebzehnter Fall und die Schatten der Geschichte
„Der Besuch der alten Dame“ – Wie Dürrenmatts Klassiker den Preis der Moral entlarvt
„Der Hundebeschützer“ von Bruno Jelovic – Wie aus einem Fitnessmodel ein Lebensretter für Straßenhunde wurde
Für Martin Suter Fans: „Wut und Liebe“ -Wenn Gefühle nicht reichen und Geld alles verändert
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ – Warum Andreas Steinhöfels Kinderbuchklassiker so klug, witzig und zeitlos ist
Abschied: Peter von Matt ist tot
„Hoffe: Die Autobiografie“ von Papst Franziskus – Was sein Leben über die Welt von heute erzählt
„Hunger und Zorn“ von Alice Renard – Was der stille Debütroman über Einsamkeit und Empathie erzählt
Rezensionen
„Der Gesang der Flusskrebse“ – Delia Owens’ poetisches Debüt über Einsamkeit, Natur und das Recht auf Zugehörigkeit
„Der Duft des Wals“ – Paul Rubans präziser Roman über den langsamen Zerfall einer Ehe inmitten von Tropenhitze und Verwesungsgeruch
„Die Richtige“ von Martin Mosebach: Kunst, Kontrolle und die Macht des Blicks
„Das Band, das uns hält“ – Kent Harufs stilles Meisterwerk über Pflicht, Verzicht und stille Größe
„Die Möglichkeit von Glück“ – Anne Rabes kraftvolles Debüt über Schweigen, Schuld und Aufbruch
Für Polina – Takis Würgers melancholische Rückkehr zu den Ursprüngen
„Nightfall“ von Penelope Douglas – Wenn Dunkelheit Verlangen weckt
„Bound by Flames“ von Liane Mars – Wenn Magie auf Leidenschaft trifft
„Letztes Kapitel: Mord“ von Maxime Girardeau – Ein raffinierter Thriller mit literarischer Note
Good Girl von Aria Aber – eine Geschichte aus dem Off der Gesellschaft
Guadalupe Nettel: Die Tochter
„Größtenteils heldenhaft“ von Anna Burns – Wenn Geschichte leise Helden findet
Ein grünes Licht im Rückspiegel – „Der große Gatsby“ 100 Jahre später
"Neanderthal" von Jens Lubbadeh – Zwischen Wissenschaft, Spannung und ethischen Abgründen
