Digitalisierung Blättern oder Daddeln? Screen oder Papier? Wie wichtig HirnforscherInnen das Buch ist

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Die Frage nach der Notwendigkeit von Lesekompetenz stellt sich mit fortschreitender Digitalisierung immer vehementer. NeurowissenschaftlerInnen halten das Lesen von Bücher für unerlässlich, gerade wenn es um frühkindliche Entwicklungen geht. Wie viel Buch muss bleiben?

Das Lesen eines Buches ist nicht nur für die Bildung unerlässlich. Hirnforscher warnen davor, dass Buch durch den Screen zu ersetzen. Foto: Wikipedia

Der Neurowissenschaftler und Psychiater Manfred Spitzer ist überzeugt: Das Lesen eines Buches ist eine anspruchsvolle und daher wichtige Tätigkeit, die künftig nicht einfach durch andere Lehrmethoden ersetzen werden sollte. Hierbei stellt sich vor allem die Bildungsfrage. Beim Lesen eines Buches bleibt viel mehr hängen - "Beim Bildschirm-Lesen flackert jeder Blödsinn rüber, jeder kann irgendwas schreiben und per Knopfdruck in die Welt senden." Lesen, so Spitzer, lernt man durch die Tätigkeit Lesen. Daher ist auch die Frage danach wie gelsesen wird, ausschlaggebend.

Diesem Prinzip folgend könnte man behaupten, dass die Kurznachrichten dieser Welt im weitesten Sinne auch eine Bedrohung in Bezug auf Themen wie Bildung, Aufmerksamkeit, Tiefenschärfe und Konzentrationsfähigkeit darstellen. Eine schnellere Welt, die schnellere Kommunikationsweisen hervorbringt, bringt notwendigerweise also auch eine Ungeduld während der Beschäftigung und somit oberflächliche Betrachtungsweisen mit sich.

"Daddeln" bildet nicht

"Lesen bildet, Daddeln nicht", sagt Manfred Spitzer. Und so steht der Neurowissenschaftler auch elektronischen Lehrbüchern eher skeptisch gegenüber, denn immer sei hierbei die Möglichkeit zur Ablenkung, eben zum "Daddeln", gegeben. Wissenschaftler und Kinderärzte haben herausgefunden, dass übermäßiger Medienkonsum gerade die Frühentwicklung der Kinder schade. Resultate sind Störungen der Sprachentwicklung und der Aufmerksamkeit.

Weitere Studien (unter anderem der Stiftung Lesen) haben festgestellt, dass deutsche Kinder gravierende Probleme mit dem Lesen hätten. Sie lesen zwar viel, doch anders; so ließe sich das Problem auf den Punkt bringen. Wie die Lernforscherin und Psychologin Katharina Scheiter erläutert, hätten die Kinder Schwierigkeiten, längere, auf dem Handy, Tablet oder am PC gelesene Texte im Gedächtnis abzuspeichern. Dabei ist Scheiter keineswegs eine Gegnerin der technischen Erneuerungen, viel eher stellt sie sich die Frage, wie man die neuen Möglichkeiten mit den bisherigen Lese- und Lernmethoden am besten verknüpfen könne.

Die digitalen Erneuerungen sollten Scheiter zu Folge am besten eine unterstützende Funktion einnehmen. Man sollte die Kinder mit Vorsicht und Verantwortung an die neuen Möglichkeiten heranführen. "Es darf auch im Unterricht nichts ungeleitet geschehen und Schüler dürfen mit dem multimedialen Angebot nicht überfordert werden.", so Scheiter.

Digital lesen? Eine Anstrengung

"Digitales Lesen heißt auch multimediales Lesen, mit Hyperlinks, bewegten und interaktiven Grafiken, Animationen - solche digitalen Leseelemente können das Gehirn stark beanspruchen", erläutert Peter Gerjets, Hirnforscher und Psychologe. Mittels EEG- Untersuchungen beobachteten Forscher des IWM beispielsweise, dass während einer Internet-Suchaufgabe der viel Aktivität im Frontalbereich des Gehirns abzulesen ist.

"Lesen im Internet ist anstrengender und tendenziell oberflächlicher", erklärt Gerjets. "Ressourcen, die für ein tiefes Lesen nötig wären, werden leicht durch Klicken und Multimedia verschwendet." Also auch aus dieser Sicht sorgen die Vereinfachungen der digitalen Welt dafür, dass gewisse, für eine tiefere Auseinandersetzung notwendige, Schritte übersprungen werden oder wegfallen. Gerade längeres Lesen sei an einem Bildschirm kaum möglich. Das Lesen auf Papier, so ist auch Peter Gerjets überzeugt, müsse unbedingt erhalten bleiben. Denn dies fördere nicht nur die Konzentration und die Fähigkeit längere Gedankengänge zu verfolgen, sondern erweitere damit auch das Gehirn.

"Was digitalisierbar ist, wird digitalisiert", lautet eine zweifelhafte Phrase des 21. Jahrhunderts. Dagegen könnte man einen Satz Gerjets halten, der in Bezug auf das menschliche Gehirn sagt: "Was nicht aktiviert wird, wird abgebaut...".

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