Indie-Autorin Silke Boger führt uns in ihrem Debüt "Mädchenklo" an einen verwunschenen Ort, an dem der feminine Freigeist wabert. Doch die Emanzipation hat sich längst verselbstständigt: Mädchenklo, so erfahren wir, ist nämlich überall.
Es gibt keine Hoffnung für Männer: Selbst nach 420 Menstruationszyklen bleiben Frauen immer noch Frauen, und die Sache verschlimmert sich im Rudel. In "Mädchenklo" liefert Silke Boger sieben Episoden weiblichen Gruppenverhaltens, das weit über den gemeinsamen Toilettenbesuch hinausgeht.
Gekachelte Kommandozentrale
Während sich Männer nur im medizinischen Notfall länger als erforderlich am Abort aufhalten, erleichtert sich Frau dort allenfalls aus Vorwand. Die Damentoilette ist tatsächlich Makeup-Werkstatt, Operationszentrale und Ränkeschmiede in einem. Hier wird gelästert, getuscht und geratscht. Spätestens seit sich aber sogar schon vor dem Damenklo im VfB-Stadion Schlangen bilden, entfaltet das Phänomen Breitenwirkung. Die Autorin treibt ihre Protagonistin Peri vom Wochenendtrip nach London bis zum eigenen Flohmarktstand durch sieben lose miteinander verbundene Episoden.
Peri ist so, wie man sich die monatliche Powerfrau auf dem Allegra-Cover vorstellt. Sie taxiert den jugendlichen Postboten mehr amüsiert als verlangend, bringt die Dirty-Dancing-Hebefigur auch jenseits der Promillegrenze zustande und kann den morgendlichen Kater mitsamt Todeswunsch schlicht abschminken. Dazu ist Peri nicht auf sich allein gestellt, sondern zieht grundsätzlich im Rudel mit ihren "Hühnern" durch die schwäbische Pampa.
John Sinclair vs. Fit for Fun
Da werden im Kreise der Freundinnen systematisch Schwachstellen der Männer analysiert, sei es die John-Sinclair-Sammlung oder der Neuwagen als Handtaschen-Pendant. Im Beuteschema der modernen Frau mit Lebenserfahrung spielt der Traumboy neben Pumps und Stiefeletten ohnehin eine Nebenrolle: Frauen können nämlich alles tragen - vor allem Einkaufstüten.
Fazit: "Mädchenklo" ist kein handlungsorientierter Roman, es ist ein Zustand - und was für einer! Silke Boger erzählt keine durchgängige Geschichte, sondern liefert sieben mit Skurrilitäten und Anekdoten gespickte Episoden, in der man(n) Frau und Frau sich selbst wiedererkennt.
Die phasenweise sogar zu überbordend wirkende Gag- und Adjektivdichte treibt den Lesefluss in leicht chaotische Bahnen, doch die Bilanz des vergnüglichen Streifzuges durch die Mentalität der Frau von heute ist trotzdem ein feixendes "So isses!". Die amüsierte Abgeklärtheit des Buchs bietet so ziemlich alles vom Schmunzler bis zum lauten Auflachen - es sei denn, Sie sind Emma-Abonnentin. Ein lesenswertes Debüt von Silke Boger, bei dem eigentlich nur die Tupperparty und der Besuch bei den Chippendales fehlt.