Als Lebensberater zieht Sean Brummel mit dem "Manifest gegen das schlechte Gewissen" gegen jenes zu Felde. Ein Roman liefert Jaud aber nicht ab.
Tommy Jaud erzählt in "Einen Scheiß muss ich" keine in sich geschlossene Geschichte, sondern ist als Lebensberater Sean Brummel unterwegs. "Einen Scheiß muss ich" ist eine Persiflage auf ziemlich alle Pseudo-Philosophen, Ernährungs-Gurus und Beziehungsberater. Dass sich die Veräppelung insbesondere auf US-Lebens-Gurus bezieht, belegt der Untertitel "Aus dem Amerikanischen erfunden von Tommy Jaud".
Sauf-Tipps als Lebenshilfe
So stellt Tommy Jaud als Sean Brummel den wünschenswerten Typ Mann dar: Ein bedingt hygienisch lebender, an Gaumen- und Lebensfreuden orientierter Kerl, der bevorzugt in Kneipen herumhängt, Football schaut, zu fett isst, keinen Sport treibt und statt dessen mit seinen Kumpels um die Wette säuft.
Und so identifiziert er Ziele als "mutwillige Glücksverschiebung", schiebt falsches Gewicht ausschließlich auf falsche Kleidung und löst Schlagstörungen durch mathematische Berechnungen natürlich mit Drinks.
So legt Sean Brummel auf beeindruckende Weise dar, dass man zu den gewünschten Schlafstunden lediglich die noch verbleibenden Stunden zum Einschlafen addieren muss, um die erforderliche Menge an Drinks für einen unterbrechungsfreien Schlaf zu errechnen.
Tommy Jaud als Guru
Wenn man diese Rechnung gegen 16 Uhr anstellt, um 23 Uhr zu Bett gehen will, um acht Stunden zu schlafen, kommt man nach Sean Brummel auf beeindruckende 15 Drinks.
Fazit: Nach einem Drittel des mit Grafiken und vierfarbigen Fotos durchsetzten Werkes ist dem Leser klar, welchem Prinzip Tommy Jaud folgt: Es geht um die Veräppelung vor allem US-amerikanischer Lebensweisheits-Gurus, deren Ratschläge er systematisch umdreht, um möglichst verkommene Männer in ihrem Lebenswandel zu bestärken. Das ist stets recht amüsant vermittelt, und immer wieder mit Anekdoten versetzt, damit es nicht gar so vorhersehbar wird.
Fans, die Tommy Jauds Romane lieben, werden die für ihn typische dramaturgische Eskalation vermissen. Egal, wie doof sich der "Vollidiot" anstellt, Tommy Jaud findet immer noch eine schlimmere Situation, in den er seinen Helden schickt. Dies fehlt in "Einen Scheiß muss ich" gänzlich. Der Running Gag, nämlich die Persiflage, ist natürlich schnell aufgedeckt, und ihrem Wesen entsprechend, eine wiederkehrende Erscheinung.
Erste Rezensionen bei Amazon laufen gut
Für wen eignet sich´s? Schwer zu sagen, denn Tommy Jaud überrascht mit einem Werk, das eher zu einem Bühnenkünstler passt und es jedenfalls erzählerisch nicht mit "Vollidiot" oder"Millionär" mithalten kann. An Frauen richtet sich der Titel jedenfalls nicht - eher als Geschenkband für den Saufkumpel empfehlenswert.
Nach den ersten 15 Facebook-Rezensionen liegt der Titel im Schnitt bei 4,4 von 5 möglichen Sternen. Das zeigt, das "Einen Scheiß muss ich" offenbar voll für die Zielgruppe aufgeht, obwohl das Werk in Punkto Gag-Dichte und Erzählung deutlich hinter den Vorgängern bleibt.